Trauerseminar auf Juist

Pflegeschule von diakonis schafft einen geschützten Raum für sensibles Thema

Auch mit dem Thema „Sterben und Tod“ beschäftigen sich die zukünftigen Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner an der diakonis-Pflegeschule im Rahmen ihrer Ausbildung. Um der schweren und sensiblen Thematik einen besonders geschützten Raum zu bieten, fährt Schulleiterin Kerstin Windmann regelmäßig in Begleitung von Brigitte Welton (ehemalige Leiterin des Stationären Hospizes) mit dem jeweiligen Kurs für eine Woche auf die Nordseeinsel Juist. Aktuell ist wieder ein Kurs dort.

Im vergangenen August war der Kurs 44a auf der Insel, Schülerin Leonie Zimmermann schrieb darüber anschließend den nachfolgenden Bericht:

 

Tränen der Trauer und des Glücks

Kurs 44a erlebte im vergangenen August ein sehr emotionales Sterbeseminar auf Juist

von Leonie Zimmermann

 

Die diesjährige Kursfahrt zum Sterbeseminar nach Juist begann am 14. August um 8.30 Uhr. Der Kurs sammelte sich am Bahnhof in Lage, wo es dann mit dem Bus los ging, nach Norddeich zu den Fähren. Auf unsere Reise begleiteten uns unsere Schulleitung Kerstin Windmann und Frau Welton.

Am frühen Abend versammelten wir uns alle in einem Gruppenraum in unserer Unterkunft, um organisatorische Dinge zu besprechen, den restlichen Abend durften wir nutzen, um erst einmal anzukommen.

Am Sonntagmorgen startete der Unterricht um 9 Uhr. Das erste Thema war Palliativ Care. Der Kurs teilte sich in Gruppen ein und sammelte Informationen, zum Beispiel über die Geschichte von Palliativ Care und auch über die vielen Palliativ Stationen etc. Der Unterricht ging bis 13 Uhr, danach hatten wir Zeit für uns und konnten die Insel erkunden. Nach dem Abendbrot machten noch etwas Unterricht: Es ging um Notfallsituationen, wie verhält man sich bei einer lebensbedrohlichen Situation oder wenn jemand gerade erst verstorben ist. Wir sprachen außerdem noch über Grundprinzipien, dass etwa jeder Mensch begleitet wird, nicht nur der Sterbende, sondern auch Angehörige oder Freunde.

Am Montag wurde es persönlicher und dadurch für manche auch schwieriger. Wir sprachen über uns, über Todesfälle und darüber, was uns im Leben sehr bewegt. Für einige war dies eine große Überwindung, aber am Ende haben wir es alle geschafft und waren auch sehr erleichtert. Am Abend guckten wir uns einen Film über einen Familienvater, bei dem Krebs diagnostiziert wurde. Er hat zwei Kinder. Im Film wurden die fünf Sterbephasen deutlich gezeigt, wie sie sich nach und nach ausbreiten. Man konnte deutlich sehen, wie die Familie im Film mit der Situation umgeht, wie getrauert wird und auch wie sehr sie drunter leiden. Der Familienvater starb am Ende. Nach dem Film merkte man, dass der gesamte Kurs mitgefühlt hat und bei einigen sogar die Tränen flossen.

Am nächsten Morgen ging es weiter mit einer praktischen Übung. Die Übung war Teil der „Basalen Stimulation“. Jeder von uns bekam einen Partner, an dem der jeweilige die Übung durchführte. Wir massierten unserem Gegenüber die Hand. Oft ist es so, dass sich Sterbende Berührungen oder etwas Nähe wünschen, wie einfach die Hand zu halten oder eine Handmassage. Wir sollten am Ende berichten, wie wir uns dabei gefühlt haben, massiert zu werden und selber zu massieren. Einige fanden es schön und beruhigend, die anderen mochten diese Nähe eher weniger.

Brigitte Welton erzählte uns am Mittwoch etwas über Veränderungen in der Sterbephase, die Terminalphase (wenige Woche vor dem Tod) körperlich, wie aber auch seelisch. Außerdem sprach sie mit uns über die Finalphase (die letzten Tage vor dem Tod). Es ging damit weiter, wie unsere Einstellung zum Tod ist, jeder erzählte etwas und alle hörten zu. Das Schöne war, dass jeder seine Meinung äußern konnte, ohne dass jemand dazwischenredete oder etwas dazu sagte. Alle hörten einem zu. Außerdem sprachen wir darüber, wovor Sterbende Angst haben könnten, aber auch, worüber Pflegekräfte Angst haben: Jemanden im Stich lassen zu müsse oder etwas falsch zu machen etc. und auch, was für Probleme es am Lebensende geben könnte.

Am Donnerstag ging es um Ethische Probleme/Konflikte in Palliativen Stationen − zum Beispiel um künstliche Ernährung, das Absetzen von Medikamenten oder die Palliative Sedierung. Am Abend redeten wir über die Möglichkeiten der Pflege des Verstorbenen und wie man einen Abschied gestalten kann. Eine Möglichkeit ist die ganze Körperwaschung oder eine Rituelle Waschung. Man kann die verstorbene Person zum Beispiel schminken oder ihr etwas Besonderes anziehen. Als wir mit dem Unterricht fertig waren, machten sich die meisten wieder auf den Weg zum Strand, da es da natürlich am schönsten war.

Es war für den gesamten Kurs eine sehr emotionale Woche, die wir zusammen erleben durften. Es wurden Tränen aus Trauer vergossen, aber auch Tränen vor Freude und Glück.

Man ist sich als Klasse noch einmal ein Stück nähergekommen und konnte sich noch besser auf eine andere Art und Weise kennenlernen.

Die Liste der Themen, über die Brigitte Welton und Kerstin Windmann den Kurs 44a Unterrichtet haben, ist sehr lang und wahrscheinlich könnte man ein ganzes Buch darüberschreiben …

Ich denke, ich kann im Namen des Kurses 44a sagen, dass es uns persönlich für unsere Weiterentwicklung geholfen hat und man sich selber auch noch mal ein Stück weit besser kennengelernt hat. Brigitte Welton und Kerstin Windmann waren jeder Zeit für uns da und hatten immer ein offenes Ohr, wofür auch hier noch einmal sehr gedankt werden muss. Sie haben uns auf diese Reise begleitet, unterstützt und dem gesamten Kurs eine unglaubliche Erfahrung geschenkt, die uns niemand mehr nehmen kann. Danke für eine Woche voller schöner Momente.

Kurs 44a
Bei einer Wattwanderung konnten die Auszubildenden gut abschalten.
Strand von Juist
Der weite Strand von Juist sorgt für innere Befreiung.
Barfuß im Watt
Barfuß im Watt ... herrlich.

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