Die Suche nach der Blüte im Leben

Trauerredner Ralf Bent berichtet Ehrenamtlichen aus dem Hospiz von seiner Arbeit


Detmold.
Dass sterbende Menschen und ihre Angehörigen sich vorher gemeinsam Gedanken machen über die Beerdigung − den Grabschmuck, die Musik, die Kleidung und selbst über die Farbe der Kerzen − kommt schon häufig vor. Aber über die Trauerrede?  „Oftmals nicht“, weiß Trauerredner Ralf Bent. Der 63-jährige Lemgoer stellte seine Arbeit jetzt in der Diakonissenhauskirche beim Austauschabend der ehrenamtlichen Mitarbeitenden des Stationären Hospizes vor.
Gespannt hörten die Damen zu − einige von ihnen sind neu im Hospiz, andere arbeiten seit zehn Jahren sehr gerne ehrenamtlich dort. Die Situation, dass jemand hier verstirbt, tritt oft ein. Es gibt sogar Gäste, die ziehen ein und versterben am gleichen Tag. „Dann wissen wir für die Aussegnung fast nichts. Das ist eine große Herausforderung“, sagt Antje Schmidt vom Begleitenden Dienst und stellvertretende Hospiz-Leiterin zu Beginn.

Auch Ralf Bent kennt diese Situation. Wenn er über die Bestatter in Lemgo und Umgebung empfohlen und von der Familie beauftragt wird, ist seine erste Aufgabe, sich in vertrauensvollen Gesprächen mit den Angehörigen ein möglichst umfangreiches Bild von dem Verstorbenen zu machen. „Manche Menschen hatten ein reiches Leben, über die viel erzählt werden kann. Aber das ist nicht bei jedem der Fall“, weiß er zu berichten. Doch was hätte der- oder diejenige eigentlich gerne über sich gehört? Wem vielleicht noch gedankt?
Ralf Bent, der früher viel im Außendienst eines Finanzdienstleisters unterwegs war, fand durch den Tod seiner Frau vor vier Jahren zu seiner Berufung als Trauerredner, später auch als Redenschreiber für jeden Anlass. Fremd war ihm der dichte Kontakt zu Menschen auch vorher nicht, denn in der Kirche war er bereits als ehrenamtlicher Seelsorger tätig.
Seine Gabe, gut zu beobachten und die richtigen Fragen zu stellen, helfen ihm heute beim Sammeln seiner kleinen Mosaiksteine über die Vorlieben, Hobbys und menschlichen Züge des Verstorbenen, die er später in seiner Rede akribisch zusammensetzen wird. Auch christliche Inhalte lässt er auf Wunsch mit einfließen.
Mit den familiären und intimen Einblicken, die er in den privaten Gesprächen in ganz kurzer Zeit erhält, weiß er gewissenhaft umzugehen. „Ich kann gut abschätzen, was gesagt werden sollte und was man besser weglässt“, versichert er. Viel Zeit und Herzblut investiert er dann in das Schreiben der Rede. Vier bis fünf Tage nimmt er sich Zeit dafür. Jedes Wort ist dabei wohlbedacht, jeder Satz gut formuliert. Sein Anspruch ist hoch, mit seiner Rede dem Verstorbenen wirklich gerecht zu werden, ihn in seiner ganzen Persönlichkeit optimal darzustellen. Ohne ihn zu glorifizieren.

„Ich stelle bei der Trauerfeier gerne auch Gegenstände dazu, die den Menschen zu Lebzeiten in seinem Wesen auszeichneten. Fuhr jemand beispielsweise gerne zur See, so kann das ein Leuchtturm symbolisieren“, stellt der Trauerredner dar. Auch Strickwolle, Angelrute, Wanderstock oder Akkordeon organisiert er für den besonderen Moment. Selbst ein Grill für einen leidenschaftlichen Grillmeister stand schon neben der Urne.
Für Ralf Bent muss es zu dem Menschen einfach passen. Und wenn er erzählt, dass in einem Fall der Sohn einer Motorrad-begeisterten Familie die Urne seines Vaters auf seinem Bike bis ans Grab gefahren hat und die Familie anschließend sagte: „Das hätte ihm gefallen“, dann ist das so wahrhaftig. Und dann rührt das selbst Ralf Bent.
Diesen Punkt zu finden und zu treffen, ist das, wonach er bei seiner Arbeit sucht. „Ich möchte gerne eine bestimmte Stimmung erzeugen. Wenn die Angehörigen das spüren und es ankommt, dann gehe ich anschließend glücklich nach Hause“, sagt er.
Etwa eine halbe Stunde dauert seine Rede. Die Erfahrung zeigt ihm, dass dann alles Wichtige gesagt ist und die Trauergruppe nicht überfordert wird. Manchmal löst er sich auch von seinem Zettel, wenn der Zufall ihm eine spontane Situation in die Hand spielt. Neben den Worten misst Ralf Bent, der von der Organisation bis zur Technik alles liefert, der Musik eine hohe Bedeutung bei. Hier respektiert er vorbehaltlos jede Art von Musikwünschen und hat von emotionalen Live-Stimmen bis zu Heavy Metal-Klängen schon alles erlebt.

Die schönste Atmosphäre empfindet er persönlich im Ruheforst und im Friedwald, zwischen den hohen Bäumen mitten in der Natur. Für Angehörige, die nicht kommen können, bietet Ralf Bent sogar einen Video-Schnitt von der Trauerfeier an. Auch hierfür investiert er dann für eine würdige Zusammenfassung viel Mühe.
Auf die Frage, wie er eigentlich Menschen darstellt, die zu Lebzeiten nicht gerade ein `Engel auf Erden´ waren, antwortet er: „Bestimmte Einflüsse im Leben prägen die Menschen. In jedem Leben gibt es aber eine Blüte, die davon erzählt, was dieser Mensch auch gut gemacht hat. Die gilt es für mich herauszufinden und herauszustellen.“

Trauerredner spricht beim Austauschabend
Viele persönliche Erlebnisse: Die ehrenamtlichen Hospiz-Mitarbeiterinnen hören Ralf Bent aufmerksam zu.
Ralf Bent
Wählt seine Worte sorgfältig: Trauerredner Ralf Bent.

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